Panarchy

Auf Deutsch (etwa):

Panarchie, ein Begriff aus der Systemtheorie

Verstehen, wie ineinander eingebettete Systeme interagieren, sich entwickeln, Innovationen verbreiten und transformieren

Dauer:

120 Minuten

Was wird ermöglicht?

Einer großen Gruppe wird dabei geholfen, Hindernisse und Möglichkeiten zu identifizieren, um Ideen oder Innovationen im Hinblick auf ein Thema oder eine große Herausforderung auf mehreren Ebenen zu verbreiten. Panarchy ermöglicht es, zu visualisieren, wie Systeme in andere Systeme eingebettet sind, und zu verstehen, wie diese Wechselbeziehungen beeinflussen, wie Veränderungen sich verbreiten. Die Teilnehmenden werden wachsamer im Hinblick auf kleine Veränderungen, die dabei helfen können, Ideen auf andere Ebenen des Systems zu heben. Sie lernen, wie hilfreiche Ressourcen auf einer Ebene freigesetzt werden können, wenn sich auf höheren oder tieferen Ebenen etwas verändert. Mit einem besseren Verständnis der Dynamiken des Ecocycle-Modells (aus der Liberating Structure Ecocycle Planning) kann die Gruppe Gelegenheiten dafür finden und nutzen, Innovationen über alle Ebenen und Grenzen hinweg zu verbreiten.

Die fünf Strukturelemente – Minimalanforderungen

1. Die Einladung gestalten

  • „Identifiziert die Dinge, die zu eurer Herausforderung auf Ebenen über und unter euch beitragen.“
  • „Spezifiziert verschiedene Strategien und Möglichkeiten für Veränderungen auf jeder Ebene und über mehrere Ebenen hinweg.“

2. Raumgestaltung und benötigtes Material

  • Ein Raum mit einer unverstellten leeren Wand und genügend Raum für die Teilnehmenden, bequem davor zu stehen
  • Pro Person eine leere Vorlage für das Panarchy-Modell
  • Eine große Poster- oder Flipchart-Version des Panarchy-Modells
  • Klebezettel für alle Teilnehmenden
  • Flipchart-Blätter für die Panarchy-Darstellung

3. Art der Beteiligung und Einbindung

  • Jede Person, die mit Veränderungen oder Innovationen beschäftigt ist, wird einbezogen
  • Alle haben die gleiche Gelegenheit, etwas beizutragen

4. Aufteilung der Gruppe(n)

  • Einzeln, zu zweit, in Vierer-Gruppen, in der gesamten Gruppe: 1-2-4-All

5. Schritte und zeitliche Abfolge

  • Benennt das Thema oder die Herausforderung, die gemeinsam bearbeitet werden soll
  • Panarchy ist eine komplexe Liberating Structure, daher kann es hilfreich sein, zu Beginn den groben Ablauf vorzustellen: 
  • die Ebenen der Panarchy identifizieren und analysieren
  • die Aktivitäten auf jeder Ebene mit Hilfe von Ecocycle Planning analysieren 
  • Möglichkeiten und Hindernisse für Innovationen identifizieren 
  • konkrete Maßnahmen finden und priorisieren
  • Eine Person stellt die Panarchy-Idee vor (und, falls nötig, auch das Ecocycle-Modell aus Ecocycle Planning). Zum besseren Verständnis hilft es, ein Beispiel zu zeigen, etwa die Panarchy zu MRSA-Infektionen aus der Abbildung. Alle Teilnehmenden erhalten jeweils eine leere Panarchy-Vorlage. (5 Min.)
  • Benennt nun die Systemebenen, die beeinflussen, wie Ideen und Innovationen verbreitet werden. Geht dabei schrittweise vor:
  • Erster Schritt, jede:r für sich: Stellt eine Liste von Faktoren auf, indem ihr euch fragt: „Was sind die kleinen und großen Faktoren, die meine bzw. unsere Erfolgschancen beeinflussen?“
  • Berücksichtigt Mikrofaktoren (Komponenten, Individuen, Teams), Mesofaktoren (Organisationen und Netzwerke) und Makrofaktoren (Kultur, Politik, gängige Mythen), die dazu beitragen, dass es zu dieser Herausforderung kommt. (5 Min.)
  • Zweiter Schritt, zu zweit: „Übersetzt“ diese Faktoren in Ebenen, denen ihr treffende Namen gebt (4-7 Ebenen genügen). (10 Min.)
  • Dritter Schritt, zu viert: Vergleicht die so entstandenen Ebenen und tragt sie mit Klebezetteln auf eurer Panarchy-Vorlage ein. (10 Min.)
  • Wenn es mehrere Vierer-Gruppen gibt, entwickelt eine gemeinsame Panarchy-Vorlage, indem jede Gruppe eingeladen wird, Ebenen auf einem großen gemeinsamen Panarchy-Modell an der Wand zu ergänzen. Am Ende sollten auch hier 4-7 Ebenen stehen. (10 Min)
  • Findet euch wieder in Vierer-Gruppen zusammen und reflektiert die folgenden Fragen: „Auf welchen Ebenen wurden bisher Aufmerksamkeit und Ressourcen investiert? Welche Ebenen wurden vernachlässigt? Was weiß ich/was wissen wir über die Lage und die Dynamiken auf den jeweiligen Ebenen?“ (10 Min.)
  • Teilt die Ergebnisse einiger Kleingruppen dieser Reflektion nun in der Gesamtgruppe. (5 Min.)
  • Untersucht nun eine einzelne Ebene mit Hilfe des Ecocycle-Modells aus Ecocycle Planning genauer. Bildet dafür neue Zweier- oder Vierer-Gruppen, in denen Personen zusammenkommen, die Erfahrungen auf der jeweiligen Ebene haben. Jede Gruppe wählt eine der 4-7 Ebenen vom großen Wandbild aus. 
  • Fragt euch in den Gruppen: 
  • „Was findet gerade auf dieser Ebene statt?“
  • „Welche Maßnahmen gibt es, um die Herausforderung anzugehen, die unserer Innovation im Weg steht?“
  • „Welcher Phase des Ecocycle können diese Maßnahmen zugeordnet werden: Geburt, Reife, kreative Zerstörung oder Erneuerung?“
  • Entscheidet, an welcher Stelle auf dem Ecocycle-Modell ihr euch ungefähr für diese Ebene befindet. (15 Min.)
  • Jede Gruppe präsentiert kurz ihre wichtigsten Erkenntnisse zu ihrer Ebene der Gesamtgruppe. (10 Min.)
  • Brainstormt nun, weiterhin in den kleinen Gruppen, eine Liste an Möglichkeiten und Hindernissen, die bei der Verbreitung von Ideen und Innovationen helfen und die ihr im Weg stehen.
  • Fragt:
  • „Wenn wir auf die höheren und tieferen Ebenen schauen, welche Möglichkeiten und Hürden sehen wir für Veränderungen über die Ebenen hinweg?“
  • „Welche ‚Fenster‘ für neue Ideen eröffnen sich oben?“
  • „Welche Ressourcen fließen nach unten, wenn in den oberen Ebenen kreativ zerstört wird?“
  • „Welche kleinen Entwicklungen von unten können die Ebenen oben durcheinander bringen?“
  • Traut euch ruhig, groß und kreativ zu denken und dabei Spaß zu haben. (15 Min.)
  • Priorisiert in den kleinen Gruppen die Liste der Möglichkeiten und Hindernisse, die ihr gefunden habt. (10 Min.)
  • Entwickelt mit 1-2-4 für jede Möglichkeit und jedes Hindernis auf der Liste eine erste Maßnahme. 
  • Fragt: „Welche Maßnahme können wir direkt angehen, um die Ebenen über und unter uns zu beeinflussen?“ Und: „Welche Person kennen wir, die Einfluss auf mehreren Ebenen gleichzeitig hat?“ (10 Min.)
  • Teilt die Maßnahmen in der großen Gruppe, indem ihr sie auf Klebezettel schreibt und auf den entsprechenden Ebenen des gemeinsamen Bildes an der Wand befestigt. (15 Min.)
  • Schaut euch das gemeinsame Bild genauer an. Nutzt What, So What, Now What?, um Schlüsse zu ziehen und priorisiert alle möglichen nächsten Schritte. (15 Min.)
  • Kommt regelmäßig auf das gemeinsame Panarchy-Bild zurück, wenn die Gruppe weiter an den Ideen und Innovationen gearbeitet hat.

Intention und Anwendungszweck

  • Eine Mischung an Strategien auf verschiedenen Ebenen identifizieren, um Veränderungsinitiativen voranzubringen
  • Eine Möglichkeit schaffen, damit Menschen auf verschiedenen Ebenen zusammenarbeiten
  • Raum für glückliche Fügungen schaffen, die sich ergeben, wenn sich zwischen verschiedenen Ebenen Fenster öffnen
  • Menschen identifizieren, die über mehrere Ebenen hinweg agieren und der Gruppe dabei helfen können, voranzukommen
  • Einer Gruppe dabei helfen, das gesamte Bild zu sehen (den Wald und die Bäume und das Ökosystem)
  • Resilienz schaffen und Störungen abfangen, indem gemeinsam etwas Neues gestaltet wird

Tipps und Stolperfallen

  • Nutzt in den Kleingruppen 1-2-4 für alle oder die meisten Schritte, auch wenn es sich anfühlt, als würde man dasselbe immer wieder machen. Das Ziel ist, alle Herausforderungen und Hürden auf allen Ebenen zu identifizieren!
  • Bezieht Menschen mit verschiedenen Perspektiven aus jeder Ebene ein (je mehr Teilnehmende, desto besser).
  • Versucht zu recherchieren, wenn ihr mit den Dynamiken auf niedrigeren oder höheren Ebenen nicht vertraut seid.
  • Vernachlässigt nicht vergangene Ereignisse und wie sie sich darauf ausgewirkt haben, was auf den verschiedenen Ebenen möglich ist.

Varianten und Kombinationen

  • Taucht tiefer in die Maßnahmen auf den einzelnen Ebenen ein, indem ihr alle Aktivitäten einer Ebene auf dem Ecocycle-Modell platziert.
  • What, So What, Now What? kann dabei helfen, konkrete Maßnahmen in Gang zu setzen.
  • Nutzt Panarchy für die Arbeit mit Individuen, indem gefragt wird: „Was trägt zu deiner Herausforderung auf Ebenen über und unter dir bei? Welche Elemente führen dazu, dass diese Herausforderung weiterhin existiert? Auf welche verschiedenen Weisen ließen sich Veränderungen auf jeder Ebene bewirken?“
  • Verknüpft Panarchy mit Ecocycle Planning, 1-2-4-All, What I Need From You, Social Network Webbing und Celebrity Interview.

Quellen und Inspiration

Diese Liberating Structure wurde von Henri Lipmanowicz und Keith McCandless auf Basis der Arbeit von Dr. Frances Westley adaptiert (siehe Literaturverzeichnis).

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